16. Nov, 2023Export-See, Import-See

Der Panamakanal zählt zusammen mit dem Suezkanal für den Welthandel zu den mit Abstand wichtigsten künstlichen Wasserstraßen. Rund 6 Prozent des internationalen Seehandels werden über den Panamakanal abgewickelt. 2022 passierten mehr als 14.000 Schiffe mit einer Gesamtladung von 520 Millionen Tonnen die Verbindung zwischen dem Atlantik und dem Pazifik (Vergleich: Nord-Ostsee-Kanal 27.000 Schiffe und 85 Millionen Tonnen in 2022).

Die Pegelstände des beim Bau des Panamakanals künstlich angelegten Gatunsees und des Alajuelasees sind zuletzt wegen anhaltender Trockenheit um mehrere Meter gesunken. Die beiden Seen sind nicht nur wichtige Trinkwasserspeicher für Panama, sondern sind für den Panamakanal als Wasserspeicher von fundamentaler Bedeutung. Für den Betrieb des im Jahr 1914 fertiggestellten Kanals werden große Mengen Wasser benötigt. Damit ein Schiff den 82 Kilometer langen Kanal mit seinen zwölf Schleusen passieren kann, braucht es rund 200 bis 250 Millionen Liter Wasser. Bleibt der Regen aus, fehlt den Speicherseen und damit dem Kanal das Wasser.

Wir hatten darüber auch bereits in den NAVIS News vom 28.06.2023 berichtet: Die Folgen für den Betrieb des Kanals sind verheerend. In den vergangenen Wochen und Monaten musste die Kanalbehörde in Panama den Betrieb wegen der anhaltenden Trockenheit weiter einschränken. Um ein Auflaufen der Schiffe zu verhindern, dürfen die Frachter den Kanal nur mit begrenzter Lademenge passieren, um weniger Tiefgang zu haben. Zudem hat die Kanalbehörde die Anzahl der Schiffspassagen und Durchschleusungen weiter reduziert. Haben in der Vergangenheit täglich ca. 40 Seeschiffe den Panamakanal passiert, reduzierte die Kanalbehörde die Zahl inzwischen auf 25 Schiffsbewegungen. Von Februar 2024 an sollen täglich nur noch 18 Schiffe den Panamakanal passieren dürfen. Die Details zu den Maßnahmen zur Wassereinsparung finden Sie auf der Webseite der Kanalbehörde hier.  

Der Internationale Währungsfonds (IFM) hat am 15.11.2023 eine umfassende Analyse zu den Ursachen für die kritische Situation des Panamakanal und zu den Folgen für die globalen Lieferketten unter dem Titel “Climate Change is Disrupting Global Trade” veröffentlicht. Demnach ist der Klimawandel und das Meeresströmungs-Phänomen El Niño ursächlich dafür, dass es in Panama deutlich weniger regnet als gewöhnlich und die Regensaison, die normalerweise von Mai bis Dezember dauert, später begonnen hat. Derzeit herrsche in Panama die schwerste Dürre seit 143 Jahren.

Aktuell stauen sich an beiden Seiten des Panamakanals ca.130 Seeschiffe und die Wartezeit beträgt derzeit mehrere Tage. Bei allen Seefracht-Verladungen, die auf Containerschiffen den Panamakanal durchqueren müssen, ist auf absehbare Zeit mit Verzögerungen zu rechnen. Importeure und Exporteure müssen somit diese Verzögerungen bei der Beschaffung Ihr Vorprodukte insbesondere aus den Ländern der Westküste von Nord- und Südamerika bzw. bei der Lieferung an Kunden in diese Länder berücksichtigen

Aufgrund der zunehmenden Kapazitätsengpässe für Schiffsraum auf Containerschiffen, die den Panamakanal passieren müssen, ist davon auszugehen, dass die Reedereien auch den Panama Canal Surcharge bzw. die Seefrachtraten in den betreffenden Fahrtgebieten zeitnah erhöhen werden.