Der Deutsche Bundestag hat am 20. Oktober 2023 das Dritte Mautänderungsgesetz beschlossen. Zum 1. Dezember 2023 werden dem Straßengüterverkehr neben den Kosten für Infrastruktur, Lärm und Luftverschmutzung nunmehr auch Kosten für CO2-Emissionen in Form eines zusätzlichen Mautteilsatzes angelastet. Dadurch steigen die Mautabgaben um bis zu 83 Prozent. Der CO2-Aufschlag beträgt 200 Euro pro Tonne CO2 und soll den CO2-Ausstoß im Straßenverkehr bis zum Jahr 2030 um 30% reduzieren. Nach der neuen Mautsatzsystematik werden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in CO2-Emissionsklassen 1 bis 5 eingruppiert. Als Teil des Mautänderungsgesetzes endet die Mautbefreiung für gasbetriebene Lkw zum 1. Januar 2024, für die dann die gleichen Mautsätze gelten wie für dieselbetriebene Lkw. Zum 1. Juli 2024 werden dann auch Lkw mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse über 3,5 Tonnen mautpflichtig.

Das Mautänderungsgesetz ist Teil eines lange verhandelten Gesetzespakets, zu dem auch das Gesetz zur Genehmigungsbeschleunigung für die Verkehrsinfrastruktur gehört. Die Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur ist zwar zu begrüßen, die drastische Erhöhung der Lkw-Maut wird aber die Lieferketten substanziell belasten. Allein die Mauterhöhung zum 01.12.2023 erhöht die Straßentransportkosten in Deutschland um jährlich 7 Mrd. Euro. Die Wirtschaft und die Verbraucher werden die steigenden Transportpreise im Straßengüterverkehr spüren. Und das in rezessiven Zeiten, in denen der Standort Deutschland ohnehin u.a. aufgrund hoher Energiepreise im internationalen Wettbewerb stark unter Druck geraten ist und die Inflationsrate immer noch zu hoch ist.

Auch wir werden für Lkw-Transporte innerhalb Deutschlands bzw. bei grenzüberschreitenden Transporten für den deutschen Streckenanteil gezwungen sein, eine entsprechende Anpassung der Frachtpreise vorzunehmen.  

Die hohe CO2-Bepreisung des Straßengüterverkehrs soll den Transportsektor in klimaschonende Antriebsalternativen und in den Schienenverkehr lenken. Über das wichtige Thema Neue Lkw-Antriebe für den Klimaschutz“ haben wir auf unser Webseite vor kurzem bereits ausführlich berichtet. Problematisch ist allerdings das Dilemma, dass die Antriebsalternativen für Lkw längst noch nicht in ausreichendem Maße und zu günstigen Preisen verfügbar sind. Es fehlt z.B. für Batterie-elektrisch angetriebene Lkw nicht nur in Deutschland eine flächendeckende E-Ladeinfrastruktur. Auch die Verfügbarkeit von elektrischem Strom für die Millionen von E-Pkw und E-Lkw bleibt eine anspruchsvolle Herausforderung.

 

Auswirkungen des 3. Mautänderungsgesetzes auf Stückgut-Verladungen in Deutschland:

Um durchschnittlich 81 Prozent werden die sendungsbezogenen Kosten der Lkw-Maut in der Stückgutlogistik bereits ab 1. Dezember 2023 steigen. Dies geht aus einer vom DSLV Bundesverband Spedition und Logistik in Auftrag gegebenen Untersuchung zu den Auswirkungen der jetzt beschlossenen Mautgesetzgebung auf die Stückgut- und Systemlogistik hervor. Mit der letzten, noch nicht einmal zehn Monate zurückliegenden Anhebung der Mautsätze zum 1. Januar 2023 ergibt sich sogar ein kumulierter Anstieg der Mautkosten bei den Systemverkehren um durchschnittlich 93 Prozent. Dabei steigen die bei den Sammelgutspeditionen zum Jahresende anfallenden Mautkosten in Spitzen sogar um über 100 Prozent. Die große Varianz ist vor allem abhängig von den Depotstandorten, dem Anteil mautpflichtiger Strecken bei den Nahverkehrstouren und von den in den jeweiligen Netzwerken eingesetzten Fahrzeuggrößen. Mit modernsten EURO VI-Fahrzeugen führen die Systemlogistiker heute Sammeltransporte (consolidated cargo) zwischen den Stückgut-Verteilzentren und Depots im Fernverkehr durch. Auch für diese technisch ausgereiften Langstrecken-Flotten steigen die Mautkosten im Lkw-Hauptlauf zum Jahresende an.

 „Ein schneller Umstieg auf Zero Emission Vehicle im Fernverkehr ist dringlicher denn je, aber immer noch illusorisch“, mahnt DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster angesichts steigender Kosten und nicht rückläufiger CO2-Emissionen. Allerdings: „Es fehlt der Strom. Es fehlen die Power Charger. Es fehlen die Flächen. Und jetzt fehlt auch noch die Perspektive für verlässliche staatliche Anschaffungsförderungen, die Grundlage für Investitionen der überwiegend mittelständisch strukturierten Stückgutkooperationen in die drei- bis fünfmal so teuren emissionsfreien Fahrzeugalternativen sind“, kritisiert Huster mit Blick auf die drohende drastische Absenkung der Haushaltsmittel für das KsNI-Förderprogramm. Aus dem jetzt verabschiedeten Dritten Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften ergeben sich auch spürbare Kostensprünge im Nah- und Verteilerverkehr.

„Aufgrund seiner geringeren Radien ist der Nahverkehr geradezu prädestiniert für die Elektromobilität“, erläutert Huster und schränkt gleichzeitig ein: „Auch hier Fehlanzeige beim schnellen Antriebswechsel. Durch den schleppenden Ausbau grundlastfähiger Stromnetze zu den Stückgut-Verteilzentren und Depots, begleitet von einem realitätsfernen KsNI-Förderproramm kommen viele Unternehmen selbst im Verteilerverkehr über eine elektro-mobile Pilotphase nicht hinaus. Und damit bleiben sie in der Mautkostenfalle stecken.“ Eine Nahverkehrstour mit einer Länge von durchschnittlich 200 km wird heute bereits zu 82,6 Prozent auf mautpflichtigen Straßen durchgeführt. Huster: „Damit sind Mautausweichverkehre pure Theorie.“

Ab Dezember entfallen 42 Prozent der Gesamtmautkosten einer Durchschnittssendung in der Stückgutlogistik auf den regionalen Verteilerverkehr. Durch eine Änderung der Bemessungsgröße im Mautgesetz von „höchstzulässigem Gesamtgewicht“ in „technisch zulässige Gesamtmasse“ wird der Kreis der mautpflichtigen Nahverkehrsfahrzeuge zum 1. Dezember 2023 noch größer: bislang auf 7,49 Tonnen „abgelastete“ Fahrzeuge werden zum 1. Dezember 2023 als 7,5 Tonnen-Fahrzeuge klassifiziert – und auch 11,99-Tonner springen in die nächsthöhere und damit teurere Mautklasse. Und der nächste Kostenschub steht schon fest: ab 1. Juli 2024 müssen auch die kleinsten Zustellfahrzeuge ab 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse die Lkw-Maut entrichten. In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres wird der durchschnittliche prozentuale Kostenzuwachs der Lkw-Maut dadurch von 81 auf 88 Prozent je Sendung springen.

An der Mautkostenanalyse haben sich zwölf Stückgutnetzwerke mit 42 Depot-Standorten in sämtlichen Regionen Deutschlands beteiligt. Hierfür hat das vom DSLV beauftragte Beratungsunternehmen FORLOGIC die Daten von 2.160 Fahrzeugen und Tourenprofilen sowie 230.000 Sendungen ausgewertet. Ziel der Studie ist, Transparenz über die betrieblichen Mautkostenstrukturen und -höhen in den Systemnetzen herzustellen. Die Mautkosten sind nur ein Teil der Abwicklungskosten einer Stückgutsendung. Auch die Personal-, Sach- und Energiekosten befinden sich im anhaltenden Steigflug. Über die Gesamtkostenentwicklung des laufenden Halbjahres 2023 (dann noch ohne die gestiegenen Mautsätze) berichtet die kommende Publikation des DSLV-Kostenindex Sammelgutverkehr im Frühjahr 2024.