
Die Dekarbonisierung der Luftfahrt stellt eine der größten Herausforderungen für die Branche dar. Insbesondere die Luftfracht muss logistische Anforderungen mit Klimaschutzmaßnahmen in Einklang bringen. Der Bericht „Decarbonising Aviation: Exploring the Consequences“ des International Transport Forum (ITF) analysiert die potenziellen Auswirkungen dieser Transformation und bietet wertvolle Einblicke in die Zukunft der Luftfahrt.
Ein zentraler Gedanke des ITF-Berichts:
„Der internationale Luftverkehrssektor hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2050 Netto-Null-Kohlenstoffemissionen zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine erhebliche Reduzierung der CO₂-Emissionen von Flugzeugen und Treibstoffen sowie die Umsetzung regulatorischer Instrumente erforderlich, was sich auf die Kosten auswirken wird, die sich in höheren Passagier- und Frachtpreisen niederschlagen können. Infolgedessen könnten Änderungen der Prognosen für das Wachstum der Luftverkehrsnachfrage weitreichende Auswirkungen auf die Flugverbindung, den Tourismussektor, die Chancengleichheit, die Arbeitsmärkte und die Gesamtwirtschaft haben.“
Die Hauptaussagen der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Erhöhung der Ticketpreise: Die Umsetzung von Maßnahmen zur Emissionsreduktion wird voraussichtlich zu höheren Betriebskosten führen, was sich in einem Anstieg der Ticketpreise um durchschnittlich 25-30% bis 2060 im Ver-gleich zum Basisszenario niederschlagen könnte.
- Bedeutung nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF): SAFs sind entscheidend, um Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig die Konnektivität aufrechtzuerhalten. Allerdings sind sie derzeit teurer und weniger verfügbar als herkömmliche Kraftstoffe, was die Notwendigkeit von Investitionen und politischer Unterstützung unterstreicht.
- Auswirkungen auf die Beschäftigung: Die Dekarbonisierung könnte die Beschäftigungszahlen im Luftfahrtsektor beeinflussen. Es ist wichtig, Strategien zu entwickeln, die einen gerechten Übergang für die Belegschaft gewährleisten.
- Notwendigkeit politischer Maßnahmen: Regierungen sollten Maßnahmen er-greifen, um die negativen Auswirkungen der Dekarbonisierung zu mildern, ein-schließlich der Unterstützung von SAF-Entwicklung, Investitionen in neue Technologien und der Sicherstellung eines gerechten Übergangs für alle Beteiligten.
Die Empfehlungen des ITF-Berichts lautet:
Förderung von Forschung und Entwicklung: Investitionen in neue Technologien und Kraftstoffe sind entscheidend, um die Emissionen im Luftverkehr zu reduzieren.
- Politische Unterstützung: Regierungen sollten Anreize für die Produktion und Nutzung von SAFs schaffen und klare Richtlinien für die Dekarbonisierung des Sektors festlegen.
- Schulung und Umschulung: Programme zur Unterstützung der Belegschaft während des Übergangs sind notwendig, um die sozialen Auswirkungen der Dekarbonisierung zu minimieren.
Der ITF-Bericht beleuchtet aber auch die Herausforderungen und Chancen, die sich insbesondere für die Luftfracht ergeben. Die die wesentlichen Erkenntnisse und mögliche Implikationen für den Luftfrachtbereich lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1.) Erhöhung der Transportkosten
Die Einführung nachhaltiger Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF) sowie die Entwicklung emissionsärmerer Technologien werden die Betriebskosten in der Luftfracht erheblich steigern. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern beeinträchtigen.
2.) Begrenzte Verfügbarkeit von SAF
Die derzeit auf dem globalen Markt verfügbaren Mengen an SAF reichen nicht aus, um die Anforderungen des Luftverkehrs zu erfüllen. Nach Angaben des Weltluftfahrtverbandes IATA wird bis 2050 eine jährliche Produktionskapazität von 449 Milliarden Litern SAF benötigt. Im Vergleich dazu standen 2021 lediglich 125 Millionen Liter zur Verfügung.
3.) Internationale Koordination erforderlich
Nationale Alleingänge bei der Regulierung, wie etwa verbindliche Beimischquoten, könnten zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Stattdessen sind international abgestimmte Maßnahmen notwendig, um den Hochlauf von SAF effektiv und fair zu gestalten.
Diese Erkenntnisse des ITF-Berichts decken sich mit den Forderungen des DSLV (Bundesverband Spedition und Logistik), die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfrachtbranche zu sichern und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten:
1.) Internationale SAF-Beimischquoten
Nationale Beimischquoten für SAF würden zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Verbindliche Beimischquoten sollten stattdessen auf internationaler Ebene vereinbart werden.
2.) Staatliche Förderung von SAF
Der Hochlauf von SAF muss durch staatliche Anreize vorangetrieben werden. Einnahmen aus dem EU-Emissionshandelssystem (ETS) könnten hierfür verwendet werden. Zudem sollte das ETS die Möglichkeit bieten, durch Beimischung von SAF erreichte Emissionsreduktionen gegen-zurechnen.
3.) Kostenverteilung und Anreizprogramme
Die erheblichen Mehrkosten für die Beimischung von SAF sollten gleich-mäßig auf die europäische Luftfrachtbranche verteilt werden. Instrumentarien wie die Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie der EU, die ReFuelEU Aviation Initiative sowie die Revision der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie (RED II) können hierbei unterstützend wirken.
4.) Steigerung der Produktionskapazitäten
Die Produktionskapazitäten für ökologisch nachhaltige Flugkraftstoffe müssen durch staatliche Anreize erheblich gesteigert werden. Ziel ist es, international konkurrenzfähige Preise und ausreichende Verfügbarkeit zu gewährleisten.
5.) Verknüpfung von Klimaschutz und Güternachfrage
Die Politik muss gemeinsam mit der Luftfrachtbranche ein Instrumentarium entwickeln, um die wachsende Güternachfrage mit höherer Klimaeffizienz in Einklang zu bringen.
Fazit:
Die Dekarbonisierung der Luftfahrt, insbesondere der Luftfracht, ist eine immense Herausforderung, bietet jedoch die Chance, nachhaltige und wettbewerbsfähige Lösungen zu entwickeln. Dies erfordert jedoch ein koordiniertes Vorgehen zwischen Politik und Wirtschaft. Die Umsetzung der Forderungen des DSLV kann einen wesentlichen Beitrag darstellen, um die Klimaziele zu erreichen, ohne die Branche zu schwächen.