Die EU-Kommission hat bereits im Mai 2023 eine Reihe von Vorschlägen zur Reform des europäischen Unionszollkodex (R-UZK) gemacht. Die geplante Reform befindet sich derzeit im Abstimmungsprozess in den Gremien der EU und muss vom Europäischen Parlament und zudem von den Mitgliedstaaten noch beschlossen werden. Der Termin für das Inkrafttreten des neuen R-UZK ist derzeit aber noch nicht bekannt.
Neben „Ausführer“, „Einführer“ etc. gibt es auch im neuen EU-Zollrecht den Begriff des „Zollvertreters“ (Art. 5 Nr. 15 R-UZK), wie bislang mit der Unterscheidung zwischen „direktem“ und „indirektem“ Vertreter (Art. 27 Abs.1 R-UZK) und auch mit aus dem UZK bekannten Folgen, wer bei diesen Varianten Zollschuldner wird (Art. 159 Abs. 2 R-UZK). „Ausführer“, wie „Einführer“, wie auch „Zollvertreter“ gab es bislang in zwei Varianten, nämlich ohne oder mit AEO-Status – im deutschen Gesetzestext „zugelassener Wirtschaftsbeteiligter“ (derzeit Art. 38 UZK; zukünftig Art 24 R-UZK).
Zukünftig wird es drei Varianten geben, nämlich zusätzlich den Status eines „geprüften vertrauenswürdigen Wirtschaftsbeteiligten“ (Trust-&-Check-Trader – Art. 25 R-UZK für Aus- und Einführer, Art. 27 Abs. 3 R-UZK für Zollvertreter). Die deutsche Terminologie „geprüfter“ Beteiligter irritiert sicher jeden, der sich bisher um den AEO-Status bemüht hat. Es war/ist bislang bekanntlich keineswegs so, dass man diesen Status ohne eine Prüfung durch den Zoll erlangt. Nur wer diese Prüfung bestanden hat, gilt bislang als „vertrauenswürdig“.
Den AEO wird es (weiterhin) als „C“ oder „S“ (oder auch für beides) geben. Die Voraussetzungen für den (weiterhin) möglichen AEO werden zukünftig weitgehend so sein, wie im bisherigen Recht. Der R-UZK legt dabei die Schwerpunkte der Zulassungsvoraussetzungen etwas anders, als das bisherige Recht. So werden Anforderungselemente, die bislang in der UZK-IA stehen (Art. 24 ff. UZK-IA), in den Text des R-UZK mit aufgenommen. Das betrifft vor allem die Anforderung, dass „das zuständige Personal angewiesen ist, die Zollbehörden zu unterrichten, wenn Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Vorschriften festgestellt werden“.
Den wird es offensichtlich auch in den Varianten C oder S oder beides geben. Für den Trust-&-Check-Trader gibt es im Vergleich zum AEO-C strengere Zulassungskriterien. So wird die Voraussetzung, keine schweren oder wiederholten Verstöße begangen zu haben, auf alle Rechtsgebiete erstreckt werden, die die Zollbehörden „anwenden“. Damit wird beispielsweise das Thema Produktsicherheit und -konformität auch relevant.
Solche Verschärfungen können nicht überraschen, soll der Trust-&-Check-Trader doch weitgehend ohne direkte Zollkontrolle agieren können, so wie dies der derzeitige UZK mit dem sog. self-assessment (Art. 185 UZK) bewirken wollte. Die zuständigen Behörden sollen Fortbildungsmaßnahmen anbieten – z.B. auch im Bereich Produktsicherheit – an denen Trust-&-Check-Trader teilnehmen müssen.
Anders als AEO kann ein Unternehmen nicht von der Gründung des Unternehmens an Trust-&- Check-Trader werden, sondern es muss mindestens drei Jahre regelmäßig Zollvorgänge abgewickelt haben (Art. 25 Abs. 1 R-UZK). Der Trust-&-Check-Trader muss sich also in der Praxis als zuverlässig bewiesen haben, bevor er diesen Status erlangen kann. Das ist u.a. bei konzerninternen Umstrukturierungen zu beachten. Man kann nicht (mehr) einfach die Zollabwicklung von einer Gesellschaft auf eine andere „umhängen“.
Zur Erlangung des Status eines Trust-&-Check-Traders als „C“ muss die Zahlungsfähigkeit auch in Bezug auf die Mehrwertsteuer sowie Verbrauchsteuern (so diese anfallen) nachgewiesen werden (Art. 25 Abs. 3 Buchstabe c R-UZK). Dies ist zukünftig explizit im Gesetzeswortlaut gefordert. In Deutschland ist das für den AEO-C gelebte Verwaltungspraxis, dies sogar bezogen auf betriebliche Steuern und Sozialabgabenzahlungen. Nur bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung wird eine solche weitgehende Betrachtung bislang nicht angewandt. Sie würde nämlich zum Statusentzug führen müssen.
Damit der Trust-&-Check-Trader weitgehend ohne Kontrolle des Zolls agieren kann, ist gefordert, dass er
- über ein elektronisches System verfügt, mit dem er den Zollbehörden in Echtzeit alle Daten über die Beförderung der Waren und die Erfüllung aller für diese Waren geltenden Anforderungen einschließlich in Bezug auf die Sicherheit, bereitstellt oder verfügbar macht und, falls zutreffend, an die EU-Zolldatenplattform übermittelt:
und zwar bezogen auf
- die zollamtlichen Aufzeichnungen
- das Buchführungssystem
- Geschäfts- und Beförderungsunterlagen
- Warenverfolgungs- und Logistiksysteme mit Unterscheidung zwischen Unions- und Nichtunionware, ggf. inkl. deren Lokalisierung
- andere Genehmigungen/Bewilligungen des Zolls vi) vollständige Aufzeichnungen, die zur Überprüfung der korrekten Feststellung der Zollschuld notwendig sind
und das alles in Echtzeit.
Insbesondere der letztgenannte Punkt setzt einen permanenten elektronischen Zugang des Zolls zu allen relevanten betrieblichen Daten und Unterlagen voraus, einen sog. System-zu-System-Austausch. Der Zoll soll jederzeit eine Prüfung vornehmen können – online und ohne eine förmliche Betriebsprüfung. Die zollrelevanten Geschäftsvorfälle müssen dem Zoll also transparent sein und zwar bezogen auf die gesamte Lieferkette, die einer Einfuhr (oder Ausfuhr) zugrunde liegt. Der Trust-&-Check-Trader muss für den Zoll zu einer Art „gläsernem Unternehmen“ werden.
Der R-UZK sieht vor, dass in einer Übergangsperiode vom Zoll geprüft werden soll, ob ein bisheriger AEO den neuen Status eines Trust-&-Check-Traders zuerkannt werden kann (Art. 26 R-UZK). Ergibt eine solche Prüfung, dass das nicht möglich ist, ist vorgeschrieben, dass alle bisherigen bewilligten Vereinfachungen des AEO zu widerrufen sind.
Dies und weitere Vorschriften des R-UZK bedeuten, dass der (bisherige) AEO zukünftig als Status noch bedeutungsloser sein wird, als schon derzeit.
- So ist es nur noch beim Trust-&-Check-Trader so, dass bei ihm „davon auszugehen ist, dass er die erforderliche Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung von Vorgängen in Bezug auf die Beantragung von Bewilligungen für besondere Verfahren … bietet“ (Art. 25 Abs. 7 Buchstabe c R-UZK). Das ist bislang der wichtigste Vorteil eines AEO-C-Status.
- So ist es nur noch beim Trust-&-Check-Trader vorgesehen, dass er „mehr Erleichterungen in Bezug auf Zollkontrollen als andere Wirtschaftsbeteiligte genießt; dies schließt weniger häufige Kontrollen von Waren oder Unterlagen ein.“ (Art. 25 Abs. 8 R-UZK)
- Auch sog. unvollständige Zollanmeldungen sind nur noch beim Trust-&-Check-Trader vorgesehen (Art. 25 Abs. 7 Buchstabe a und Art. 59 Abs. 3 R-UZK).
Die sog. Sammelzollanmeldung, etwa nur einmal im Monat die Zollschulden anzumelden und zu bezahlen, ist grundsätzlich nur beim Trust-&-Check-Trader vorgesehen (Art. 25 Abs. 7 Buchstabe d sowie Art. 181 Abs. 4 R-UZK). Allerdings kann dies auch dem fiktiven Einführer auf Antrag bewilligt werden.
Darüber hinaus genießt der Trust-&-Check-Trader Vorteile, die andere Beteiligte nicht oder nur gegen Sicherheit erlangen können:
- So den Zahlungsaufschub (Art. 188 R-UZK) bis zu 30 Tagen (Art. 25 Abs. 7 Buchstabe e R-UZK).
Die Gesamtsicherheit (CGU) kann beim Trust-&-Check-Trader reduziert werden – was vor allem für die Inhaber von besonderen Verfahren (Versand, Lager, Verwendung, Veredelung) bedeutsam ist. Allerdings ist dies einem AEO auf Antrag hin auch zu bewilligen
Hinzukommt, dass es für den Trust-&-Check-Trader neue Möglichkeiten geben wird, die das geltende Recht nicht kennt:
- So sind derzeit bekanntlich Nicht-Unionswaren, welche nicht sofort nach Ankunft in ein Zollverfahren überführt werden (besondere Verfahren, wie Versand, Lager, Veredelung, oder Überführung in den freien Verkehr), in ein Verwahrungslager zu bringen.
- Der R-URK wird diese Art von Lager abschaffen und, soweit ein Lagerbedarf vorhanden ist, durch ein Zolllager ersetzen (Art. 87 R-UZK). Außerhalb eines Zolllagers darf sich Nicht-Unionsware in der Regel nur noch drei Tage befinden (bislang bekanntlich 90 Tage).
So ist bekanntlich derzeit, wenn keine Verzollung am „first-point-of-entry“ an der EU-Außengrenze erfolgt, sondern eine Binnenverzollung beabsichtigt ist, ein Versandschein T1 erforderlich. Ein Trust-&-Check-Trader kann auf T1 oder Lager verzichten. Bei ihm gelten im Falle der Einfuhr die Nicht-Unionswaren ab Ankunft bis zur Einfuhrverzollung „als in einem Verfahren der Zollaussetzung“ (Art. 25 Abs. 9 R-UZK). Für den Fall der Ausfuhr gilt spiegelbildlich: Der Trust-&-Check-Trader bedarf für die Ausfuhr von Nichtunionswaren – im geltenden UZK Wiederausfuhr genannt – keines externen Versandverfahren.
Der rechtzeitige Besitz des Status als Trust-&-Check-Trader ist also zukünftig entscheidend für eine fortgesetzte Inanspruchnahme diverser Verfahrensvereinfachungen. Es bedarf sicherlich einer nicht unerheblichen Vorbereitungszeit, um zum „gläsernen Unternehmen“ zu werden. Vielleicht sind dafür auch innerbetriebliche Barrieren abzubauen.
Besonders gravierend ist der Status des Trust-&-Check-Traders für den Zollvertreter. Viele Zollvertreter haben bislang, teils auch nur aus Marketing-Gründen, den AEO-C-Status. Wer als Zollvertreter den neuen Status des Trust-&-Check-Traders anstrebt, darf zukünftig grundsätzlich nur noch als indirekter Zollvertreter agieren. Ein Agieren als direkter Zollvertreter mit dem Status eine Trust-&-Check-Traders ist im neuen Recht nur noch dann zulässig, wenn auch der Vertretene den Status des Trust-&-Check-Traders innehat (Art. 27 Abs. 3 R-UZK). Dass es „natürlich“ bei der Rechtsfolge bleibt, dass der Zollvertreter bei einer indirekten Stellvertretung Gesamtschuldner wird, sei in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt (Art. 159 Abs. 2 Satz 2 R-UZK).
In manchen Mitgliedstaaten wurde der Zollvertreter durch die Zulassung, dortige EDV-Verfahren nutzen zu können, faktisch zur indirekten Vertretung gezwungen. Für Zollvertreter aus. Deutschland war das bei EU-ansässigen Kunden bislang nicht so. Im Gegenteil: Es gibt bislang (noch) die „risikolose“ Lösung eines „technischen Nachrichtenübermittlers“ nach dem ATLAS-Merkblatt.
(Auch) das dürfte es nach Umstellung auf den EU-Customs Data Hub vermutlich nicht mehr geben. Wie ein Zollvertreter, bezogen auf die Importe (oder Exporte) seiner Kunden, gegenüber dem Zoll zum „gläsernen“ Unternehmen werden kann, insbesondere dem Zoll Daten zur Lieferkette zur Verfügung stellen können soll, ist eine offene Frage. Dass ein Kunde seinem Zollvertreter uneingeschränkten Zugang zu EDV des Kunden gewährt, dürfte der Ausnahmefall sein. Dass der Zollvertreter einen solchen Zugang dem Zoll zugänglich machen darf, erscheint eher unwahrscheinlich. Daraus werden die Zollvertreter vermutlich die Konsequenz ziehen, auf einen besonderen Status, wie AEO oder gar Trust-&-Check-Trader zu verzichten. Aber dann werden sie ohne die gerade bei die Zollvertretern bislang üblichen Sammelzollanmeldungen auskommen müssen. Deshalb ändern sich die Rahmenbedingungen für Zollvertreter fundamental. Sie dürften gezwungen sein, ihr Geschäftsmodell frühzeitig zu überdenken. Die Kunden werden das vermutlich nicht nur an den Preisen merken, sondern auch daran, dass die Zollvertreter von den Auftraggebern Sicherheiten einfordern werden.
Es gibt derzeit aus der Wirtschaft viel Kritik an dem Reformplan. Nachdem sich aber auch das EU-Parlament für die Reform ausgesprochen hat, wird die Reform trotz mancher Schwächen kommen. Der Rat der EU muss das Vorhaben allerdings noch billigen.
Manches wird sich effektiv verbessern, wenn die Grundelemente der Reform umgesetzt werden: Dies gilt vor allem in Bezug auf eine wirklich EU-weit einheitliche Handhabung der Vorschriften für Importe, wie Exporte. Dies gilt aber auch hinsichtlich Detailregelungen:
- So wird die Gestellung nicht mehr zur Regel, sondern nur noch dann erforderlich, wenn dies vom Zoll im Einzelfall gefordert wird oder nach anderen Rechtsvorschriften zwingend ist (Art. 85 Abs 1 R-UZK).
- So ist vorgesehen, dass angemeldete Waren automatisch als überlassen gelten, wenn sie „nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums zur Kontrolle ausgewählt wurden“.
In diesem Zusammenhang sind auch zwei Vorschläge des EU-Parlaments erwähnenswert:
- Schaffung eines digitalen Tools, welches alle autonomen Maßnahmen, tarifären Maßnahmen, Quoten, Sanktionen und Embargos übersichtlich darstellen soll, damit es Unternehmen erleichtert wird, sich zu informieren (Art. 39 Abs. 2a KKR-UZK4)
- Schaffung einer Internetplattform, welche es Behörden, Unternehmen, Konsumenten und Bürgern ermöglicht, nicht-konforme Waren und Produkte zu melden (Art. 239a KKR-UZK)